William Byrd 


Gilt als Renaissancekomponist. (Er lebte von 1543 bis 1623,) wurde also mit 80 Jahren steinalt sogar für heutige Verhältnisse und ist im Gegensatz zu anderen Komponisten seiner Zeit nie aus England herausgekommen.  (Er war Katholik und ist es immer geblieben, was im anglikanischen England schon eine Leistung war. Sein hohes Ansehen besonders bei Hofe hat ihn vor Verfolgung bewahrt. Mit 31 Jahren wurde er Organist der königlichen Kapelle und ist  es fast bis zu seinem Tod geblieben. Als Katholik hat er auch für die katholische Kirchenmusik gewirkt, aber genauso für die anglikanische Kirchenmusik.)


(Das heißt,  sein Werk ist kirchlich bestimmt: Messen, Motetten, Psalmen, also alles gesungene Musik. Aber er hat auch weltliche Lieder geschrieben und hat als erster seine Madrigale in Sammlungen erscheinen lassen.  Daneben gilt er auch als einer der Schöpfer einer kunstmäßigen Instrumentalmusik, und zwar dadurch, dass er für das Virginal  komponiert hat, das ist einer der Vorläufer des Klaviers, so etwas wie ein Cembalo. Dergleichen hat es vor ihm nicht gegeben. Also ist Byrd durchaus ein Neuerer gewesen.)


Die Musikszene seiner Zeit wurde beherrscht von den Niederländern. Alle Musiker seit 1400, also die 6 bis 7 Generationen vor Byrd komponierten im niederländischen Stil, und das heißt polyphon. Polyphon bedeutet vielstimmig oder mehrstimmig, jede Stimme hat eine eigene Melodie ohne harmonisches Verhältnis zu den anderen Stimmen. Was harmoniert, sind die hier und da zusammenklingenden Töne, nicht die Stimmen als solche.


Die Aufgabe des Komponisten ist nun, das Chaos zu ordnen, die Stimmen so zu führen, dass es schön klingt. Sein wichtigstes Hilfsmittel ist dabei das imitatorische Verfahren, d.h. die 2. Stimme imitiert die erste, sie singt dasselbe wie die erste, aber später , oder sie singt es zwei Töne tiefer – in unserem Programm abgedruckt -. Und so weiter für die anderen Stimmen. Bei unserem Werk setzen alle 6 Stimmen nacheinander mit dem gleichen Motiv ein. Das kann man heraushören und die Hörer empfanden dieses Suchen nach Ordnung beim Hören als interessant. Eine Partitur hatte ja keiner in der Hand. Unser Dirigent hat eine, und aus der geht hervor, dass da 6 Stimmen sind, und die stehen übereinander, eben zeilenweise. Und deshalb nennt man solch eine Musik horizontal. 


Noch etwas kann der Komponist tun, er kann dem Zusammenspiel Ruhepunkte geben, wo alle Stimmen zusammen einen schönen Klang, eine Harmonie, ergeben. Dazu muss er vertikal denken


Die einfachste Form einer solchen vertikalen Musik wäre eine Melodie, eine einzige Melodie, die ab und zu auf Ruhepunkten schönen Klanges landet. Wie zum Beispiel eine Sonate für Geige solo - und Klavier für die Harmonien. Ganz am Ende der Renaissance taucht so etwas auf, nämlich in der Oper und das ist dann eine Arie.


1607 wurde die erste Oper, Monteverdis Orfeo, aufgeführt und damit war der polyphone Stil erledigt. Da war Byrd aber schon 64 Jahre alt. Womöglich hat er sich davon noch inspirieren lassen, dann wären die von ihm erhaltenen Gesänge für Solostimme und die Violin-Stücke Alterswerke. Was wir jetzt spielen werden, ist dann kein Alterswerk, sondern ein früheres, eben aus der Zeit, wo er noch polyphon schrieb, das heißt im horizontalen Stil, wie ihn die Polyphonie eben zur Folge hat.


Und Sie können jetzt  a) verfolgen, wie sich die verschiedenen Stimmen mit ihren Melodien

zu einem Ganzen zusammenfügen, und b) wie es sich mit den Harmonien auf den Ruhepunkten verhält. Möge uns und Ihnen die Übung gelingen.